Das ALFA-Mobil zu Besuch am Standort Sangerhausen

Das ALFA-Mobil des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e.V. (BVAG)  ist auch in diesem Jahr wieder jeweils von 9.00 bis 12.30 Uhr auf die Marktplätze der
Städte des Landkreises Mansfeld-Südharz unterwegs gewesen, um für das Thema Analphabetismus zu sensibilisieren und auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Im Landkreis Mansfeld-Südharz betrifft dies  mehr als 12.500 Personen. Den Beginn machte das Mobil mit seinem Besuch  am 27. Juni auf dem Marktplatz der Stadt Sangerhausen.

Im Rahmen der Veranstaltung waren neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Projekts auch das Örtliche Teilhabemanagement im Landkreis Mansfeld-Südharz, die Zukunftswerkstatt Mitteldeutschland, die Kreisvolkshochschule Mansfeld-Südharz e. V., die Stadtbibliothek Sangerhausen sowie das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben vertreten. Gemeinsam wurden die zahlreichen Besucherinnen und Besucher des Wochenmarktes durch spielerische Aktionen, Wissensfragen, Informationsmaterialien und Erfahrungsgesprächen zum Thema Analphabetismus sensibilisiert und beraten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts vermitteln gleichzeitig zwischen den Betroffenen und den ortsansässigen Kursanbieterinnen und -anbietern. Beim diesjährigen Besuch wurden die beiden Mitarbeiter des Mobils von einer Lernbotschafterin, Ute Holschumacher, begleitet. Durch die Begleitung der Lernbotschafterinnen und -botschafter des ALFA-Mobils wird ein ganz bedeutsamer Beitrag für die Arbeit des ALFA-Mobils geleistet. Sie stellen nämlich Personen dar, welche als Erwachsene richtig lesen und schreiben gelernt haben, beziehungsweise dies weiterhin verfolgen. Durch ihre Arbeit können sie sowohl anderen Betroffenen Mut machen als auch als Ratschläge an Mitwissende vermitteln.  Die Projektmitarbeiterin Kiana Nooraei führte ein kurzes Interview mit Ute durch, um einen Einblick in ihren Werdegang und ihren Umgang mit den Thema Analphabetismus zu erhalten.  Den Bericht können Sie im Nachfolgenden lesen.

Die gebürtige Berlinerin Ute Holschumacher hat mit 51 Jahren das Lesen und Schreiben gelernt.  Aufgewachsen ist sie in familiär schwierigen Verhältnissen und obwohl sie acht Jahre lang die Sonderschule besuchte, konnte sie lediglich einzelne Wörter und ihren Namen schreiben. So hat ihr auch das Lesen Schwierigkeiten bereitet. Mit 15 Jahre verlässt sie die Schule und zieht in ihre erste eigene Wohnung, was für sie auch mit Komplikationen verbunden war. Wenige Jahre später bekommt sie Ihre Tochter und arbeitet u.a. als Küchenhilfe oder Zimmermädchen. Schikane, Einsamkeit, Scham, Anspannung und Heimlichkeit begleiten sie in ihrem beruflichen Alltag.

Eine lang Zeit kann die frühere Analphabetin ihren Analphabetismus gut verstecken. So lässt sie sich in der Bank beim Überweisungsschein helfen und Babynahrung kauft sie in der Apotheke, da ihr dort die Etiketten auf den Gläschen vorgelesen werden. Doch eines Tages kommt die Wahrheit zum Vorschein und Ute verliert ihren Job, was für sie eine große Belastung darstellt.

In einem Jobcentergespräch fasste Ute all ihren Mut zusammen und offenbarte ihre Lern- und Leseschwierigkeiten. Dort empfehlt man ihr den Besuch eines Grundbildungskurses. Fortan nimmt ihr Leben eine positive Wendung an. Beim Verein Lesen- und Schreiben Berlin e. V. , welcher seit 1983 existiert und Mitglied im Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung ist, kann sie ihre Hürden bewältigen. Gleichzeitig bekommt sie dort das Gefühl, mit ihren Lern- und Leseschwierigkeiten nicht mehr allein zu sein. Im Verein stellt man auch das ALFA-Mobil vor, wo sie sich dann vorstellt.

Durch ihren beachtlichen Werdegang hat Ute ihre Selbstständigkeit und ihr Selbstvertrauen deutlich gefördert. Heute kann sie ihre Post bzw. Briefe sowie das Schreiben von Geburtstagskarten oder auch den Umgang mit Social Media gut meistern. Motiviert hat sich Ute durch den Wunsch, irgendwann ihren Enkelkindern vorlesen zu können.

Ein kleiner interessanter Fakt an dieser Stelle: Ute kann u.a. Türkisch verstehen und auch z. T. auf Türkisch antworten.

Für die gebürtige Berlinerin hat sich das Lernen definitiv gelohnt und ihr Leben enorm bereichert. Durch ihre Begleitung des Mobils möchte sie auch anderen Betroffenen Mut machen.

 

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